Keineswegs heilig: die Sonntagsruhe

Gepostet am 9. Apr. 2013 in Australien, Dia-Show | Keine Kommentare

Keineswegs heilig: die Sonntagsruhe

Kürzlich hatte ich an dieser Stelle behauptet, dass Karfreitag (= Good Friday) einer von den wenigen Feiertagen ist, die in Australien ernst genommen werden. Nun ja …

Unser granny-flat liegt, getrennt durch einen etwa 30 Meter breiten Rasen, hinter dem Haus unseres Vermieters. Wir sind umgeben, in ähnlichen Abständen, von den Häusern/Grundstücken unserer Nachbarn. Wie wohl die meisten Australier haben auch unsere Nachbarn eine innige Beziehung zu motorisierten Maschinen aller Art. Unser Nachbar zur Linken benutzt einen älteren Aufsitzrasenmäher, unverkennbar noch bestückt mit einem Zweitaktmotor (räng-däng-däng). Die stählernen Messer kämpfen beim Mähen hell klirrend vor allem mit den vielen kleinen Steinen zwischen dem Rasen. Der etwa sechsjährige Sohn dieses Nachbarn fährt über die frisch gemähte Wiese besonders gern mit einem elektrisch angetriebenen Dreirad, dessen E-Motor weniger durch umweltfreundlichen Leiselauf als durch nervende Jaulgeräusche auffällt.

Unser „Hintermann“ erfreut sich eines motorbetriebenen Laubsaugers. Allerdings saugt der eher selten, sondern bläst viel lieber – besonders gern und weithin sichtbar den Staub und die Blätter aus der Dachrinne. Unser Nachbar zur Rechten verfügt gleich über zwei Maschinen: über eine vorwiegend spät abends benutzte Kreissäge (deren Tonlage ja wohl bekannt ist) und ebenfalls über einen Aufsitzrasenmäher, allerdings gerüstet mit einem kräftigen Viertakter. Dieser Mäher wird nicht nur zweckentsprechend eingesetzt, sondern gerne auch als Zugmaschine für das Ketcar des etwa zwölfjährigen Sohnes. Und wie jeder Zwölfjährige bevorzugt auch dieser eher die höheren Tempi als die gemächlicheren (und leiseren). Sonntags werden zudem, nach ausgiebigem Probelauf, die Cross-Motorräder für Vater und Sohn verladen. Bei der Rückkehr am Nachmittag müssen die Maschinen per Dampfstrahler gründlich gereinigt werden.

Wie gesagt: Unsere Nachbarn sind alle Australier und dementsprechend fleißig. Die meisten von ihnen arbeiten auch samstags. So dass sie gezwungen sind, ihre Maschinen vorwiegend sonntags oder auch am arbeitsfreien Good Friday einzusetzen…

Allerdings nicht unser Vermieter, er arbeitet im öffentlichen Dienst. Seinen Aufsitzmäher haben wir in den vergangenen Wochen erst zwei Mal gesehen. Unser Hauswirt hält es offensichtlich mehr mit dem englischen Wort für Vermieter: Landlord.

Wer glaubt, aus meinen Texten eine gewisse Hochnäsigkeit („Am deutschen Wesen…“) ablesen zu können, der irrt! Ganz im Gegenteil. Hierzulande gibt es Dinge, die ich mir für Deutschland wünsche. Ein Beispiel: Vorige Tage fuhren Illy und ich über eine Autobahn, an deren linker (also unserer) Seite eine mehrere hundert Meter lange Schallschutzwand steht. Diese eigentlich monoton graue Wand schmückt sich jedoch mit professionell gemalten Motiven (siehe Foto) aus der australischen Tierwelt – mit Kängurus, Kakadus, Koalas und Krokodilen in bunter Reihenfolge. Und was mir so gefällt: Zwischen all diesen Figuren findet sich keine einzige narrenhändisch hingeschmierte Spraykleckserei, kein Strichmännchen, kein „Fuck You“ oder andere Schweinereien! Und diese Wand ist nicht etwa eine Ausnahme, sondern die Regel. Wandmalereien, besser: Zaunmalereien werden akzeptiert und nicht von anderen „Künstlern“ übermalt!

Ein zweites Beispiel: Während deutsche Behörden (oder auch deutsche Zeitungen) nur anonym und nebulös über wachsende Müllmengen reden bzw. schreiben, nennen australische Ämter und Zeitungen Ross und Reiter: Dem hiesigen „Courier Mail“ entnehme ich, dass die Fast-Food-Kartons von McDonalds und die Softdrink-Becher von Coca-Cola den jeweils größten Anteil am öffentlichen Müll in Australien ausmachen. „Keep Australia Beautiful“ (eine ähnliche Aktion wie „Köln putzmunter“, nur sehr viel erfolgreicher) berichtet unter ausdrücklicher Nennung der Namen, dass 68,8 Prozent aller entlang der Straßen eingesammelten Essensverpackungen von McDonalds stammen und 38,1 Prozent aller Getränkeverpackungen von Coca-Cola.

Ich weiß nicht, ob dieser Pranger etwas bewirkt, aber da die Konzerne in der Regel sehr um positive Publicity bemüht sind, kann (möchte) ich es mir vorstellen.

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