Brissies Auto-Hierarchie

Gepostet am 8. Mrz. 2013 in Australien, Dia-Show | Keine Kommentare

Brissies Auto-Hierarchie

Von meiner Frau habe ich mir schon einen dicken Rüffel eingefangen, weil es diesmal „bloß um Autos geht“. Aber: Wer, zumal mit meinem Vorleben, durch den Brisbaner Verkehr rollt, stellt sehr bald eine „Rollenverteilung“ fest, die sich von der in D etwas unterscheidet:

1.) Stufenheck- und Fließheck-Autos dominieren in allen Größenkategorien, Steilheck-Autos (wie der Golf) sind eher selten. Der Toyota Yaris zum Beispiel, in D nur als Steilheck vertreten, läuft hier auch als Stufenheck.

2.) „Richtige“ Geländewagen und ihre verweichlichten Nachfolger, die SUVs, (beide hierzulande kurz als FourWheeler bezeichnet) sind dabei, den Limousinen den Rang abzulaufen. Seit meinem letzten Australien-Besuch 2004 ist die Zahl der geländegängigen SUV explodiert – obwohl die Länge der gut ausgebauten Straßen deutlich zugenommen hat (aber diese Schizophrenie kennen wir ja auch aus D).

3.) Kaum seltener als SUVs sind Pickups (fast immer im gewerblichen Einsatz) und die sogenannten Utes, eine Spezies aus den USA, die in D noch nicht so richtig angekommen ist. Hierbei handelt es sich um motorisierte Centauren: halb Pkw, halb Lkw. Sie sind von vorn bis zur B-Säule Pkw, und bieten dahinter – ähnlich wie ein Pickup – eine Ladefläche mit seitlichen Bordwänden. Diese Ladefläche kann mit einem riesigen, in Wagenfarbe lackierten Blechdeckel oder einer Plane geschlossen werden. Konzipiert waren diese Utes (kommt von utility = Nützlichkeit) als kleine Handwerker-Transporter. Doch die Mode hat aus ihnen Männerspielzeuge gemacht (länger, tiefer, schneller), mit denen die Aussies eigene Rennserien fahren und die für Transportaufgaben viel zu edel sind.

4.) Und das wundert mich am meisten: Cabrios spielen hierzulande fast keine Rolle! Obwohl Brisbane eine hügelige und waldige Umgebung hat, obwohl Landstraßen und Autobahnen geschwindigkeitslimitiert sind und obwohl die „amtlichen“ Durchschnittstemperaturen im Sommer (Dezember/Januar) bei 29 Grad und im Winter (Juni, Juli, August) bei 21 Grad liegen und obwohl selbst nachts die Temperaturen nur im Juli und August gelegentlich unter zehn Grad sinken – trotz all dieser idealen Voraussetzungen sind Cabrios so gut wie nicht existent! In den ersten Wochen meines Besuches habe ich kein einziges (!) offenes Cabrio gesehen und nur etwa zwei, drei geschlossene CabrioCoupés wie den Eos!

Woran mag es liegen? Ist es ähnlich wie in Spanien, Süditalien oder Griechenland die Scheu der (hierzulande blasshäutigen, sommersprossigen, englischstämmigen) Fahrer vor der prallen Sonne? Mag sein. Ist es ein Geldproblem? Dem widerspricht der rasante Zuwachs an nicht gerade billigen SUVs. Oder steckt noch etwas anderes dahinter? Gelten gar im Land von Crocodile-Dundee und Freiluft-Barbecue Cabrio-Fahrer als Weicheier? Weil ihre Autos keine Schafherden einkreisen, nicht durchs Outback rollen oder durch einen Creek waten können? Ich werde der Aversion der Brissies (Eigenbezeichnung der Brisbaner) gegen Cabrios noch auf die Schliche kommen…

Übrigens: Unser hiesiger Gebrauchtwagen ist ebenfalls eine erzkonservative Stufenheck-Limousine, kein Cabrio. Er verfügt nicht einmal über ein Schiebedach, in D auch Sonnendach genannt. Wenn denn sein Erstbesitzer eines mitbestellt hätte, wäre es auch kein Sonnendach, sondern (laut Betriebsanleitung) ein „moon-roof“! Vielleicht muss ich meine Cabrio-Antipathie-Recherche in diese Richtung lenken?

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